Von kleinen und großen Pausen
Wir alle brauchen Pausen. Irgendwo auf dem Weg ins erwachsenen Alter haben wir die natürliche Fähigkeit zum Pausen machen verloren. Lassen Sie uns sie wieder entdecken. Angestiftet durch die Blogparade #MeinePause von Susanne Wagner

Seitdem ich den Aufruf von Susanne Wagner zur Blogparade #MeinePause gelesen habe, stolpere ich überall über das Thema. Es läßt mich nicht los. Wieso ist es für uns so schwierig geworden Pausen zu machen? Als Kinder können wir es doch alle.
Ich bin letztens an einer Grundschule vorbei gekommen. Da wurde gerade zur großen Pause geläutet. Die Kinder stürmten lachend und teilweise rennend aus der großen Tür auf den Hof.
Wann haben wir vergessen wie wichtig Pausen sind?
Niemand käme auf die Idee die große Pause abzuschaffen, damit die Kinder produktiver werden.
Selbstverständlich müssen die Kinder sich bewegen um dann nochmal Aufmerksam sein zu können. (Es gibt sogar eine Studie dazu).
Oder die Kinder im Kindergarten – sie liegen ganz entspannt in der Hängematte und schauen in das Blätterdach des Baumes über ihnen. Nichts ist in dem Moment wichtiger.
Wann haben wir vergessen, wie entspannend und lustig es ist, im Gras zu liegen und Bilder in den Wolken zu sehen?
Als ich genau das letztens einer Patientin vorgeschlagen habe, hat sie mich groß angeschaut. Das habe sie ja noch nie gemacht, ob ich das ernst meine? Ja – sicher!
Leider war es schon dunkel und wir konnten nicht gemeinsam schauen.
Jetzt ist der Himmel strahlendblau. Aber die nächsten Wolken kommen bestimmt.
Pausen sind...
P flicht, wenn ich den Tag produktiv sein möchte!
A auch, wenn gerade angeblich keine Zeit ist.
U nd auch mal ohne schlechtes Gewissen
S paß am Nichtstun haben
E infach mal machen und staunen.
Im Erwachsenenalter müssen wir uns oft dieses essentielle Wissen über die Sinnhaftigkeit von Pausen mühselig neu erschließen.
Alleine diese Woche hatte ich zwei Therapiesitzungen die mit Themen wie:
"Warum soll ich Pause machen?"
"Darf ich Pausen machen?" und
"Wie mache eigentlich ich Pause?"
gefüllt waren.
Ganz erschreckend finde ich, wenn das Schema „Nur wenn ich leiste und aktiv bin, dann bin ich wertvoll.“ so tief verankert ist, dass Pausen als Faulheit deklariert werden. Im Rahmen dieser Überzeugung und weil die eine Patientin immer harte Fakten braucht, habe ich in der Apothekenrundschau eine interessante Zusammenfassung von Studien gefunden:
„Kürzer arbeiten und mehr schaffen? Diese produktive Wirkung von Pausen konnte Dr. Johannes Wendsche, Psychologe bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), auch für die moderne Berufswelt bestätigen: 2016 hat er zusammen mit seinem Team knapp 160 Studien der letzten 25 Jahre Pausenforschung ausgewertet. Kaum eine Untersuchung fand negative Wirkungen, die meisten bescheinigten den Auszeiten positive Effekte.
Sie erhöhten nicht nur die Leistung, sie wirkten sich vor allem auf die Gesundheit aus: Das seelische Wohlbefinden stieg, körperliche Beschwerden wie Muskel-Skelett-Erkrankungen gingen zurück. Andere Studien zeigten zudem, dass das Risiko für Fehler und Unfälle durch Pausen sank.
Eine spannenden Blick auf die gängige Vorstellung von Work-Life-Balance und ständige Selbstoptimierung die oft zu mehr Stress führt bietet das Buch „Mañana-Kompetenz“ – die Fähigkeit, bewusst Pausen einzulegen und ohne schlechtes Gewissen abzuschalten von Gunter Frank und Maja Storch. Dies hat die eine Patientin jetzt zum Lesen.
Ich habe das Buch letzten Sommer ganz stilecht in der Hängematte gelesen.

Das führt dann auch zu der Frage: "Wie mache ich Pause?"
Im Funktionsmodus haben viele meiner Patienten vergessen wie sie Pause machen können. Da ist von „Ich geh schnell was essen“, „Ich hohl mir einen Kaffee“ bis „Nur auf der Toilette kann ich kurz durchschnaufen“ alles dabei. Mit Pause und Erholung hat dies wenig bis nichts zu tun.
Wenn Sie Lust haben, gehen wir gemeinsam auf Entdeckungstour was alles Pausen sein können. Dazu nehme ich Sie gerne mal mit durch meinen Tag.
NATUR
Ich habe ein Gehirn, dass gerne plant und sobald es wach ist den Tag strukturiert. Dabei bekomme ich oft das Gefühl in der „Zeit bleiben“ zu müssen. Also gleiche ich gerne meine Uhr ab – „Bin ich noch im Zeitplan?“ Dabei vergesse ich dann gerne zwischendurch mal durchzuatmen. So habe ich mir angewöhnt achtsamer meine morgendliche Spaziergänge mit der Fellnase zu nutzen. Augen, Ohren, Nase auf!

Da ich einen „sprechenden“ Beruf habe und den ganzen Tag Kontakt zu Menschen, genieße ich die Ruhe auf diesen Spaziergängen – nicht reden ist für mich eine wunderbare Pause.
Ich kann in kleinen,besonderen Anblicken, wie der der Schnecke am Grashalm oder der Biene auf der Blüte, versinken ohne große Gedanken, ohne auf die Zeit zu achten.

Wenn ich das Gefühl habe, mehr Bodenhaftung zu brauchen, dann gerne Barfuß.
ATMEN UND AUGEN ENTSPANNEN
Auf der Arbeit habe ich mir angewöhnt nach jeder Therapiestunde das Fenster weit zu öffnen, ein paar Mal tief zu Atmen und in die beiden Bäume auf dem Parkplatz zu schauen. Dabei versuche ich möglichst wenig über das vergangene Gespräch oder das bevorstehende nachzudenken.
MINISPIELE
Nach mehreren Gesprächen braucht mein Gehirn etwas anderes zu tun. Ich habe kleine Logikspiele für mich entdeckt. Meistens (außer ich bin nicht bei der Sache) brauchen sie nicht viel Zeit und ich freue mich, wenn ich die Lösung gefunden habe und mein Zuhörmuskel hat sich wieder erholt.
BEWEGUNG
Auch kleine Bewegungspausen mit recken und strecken oder kurz vor die Tür gehen baue ich ein. Manchmal mache ich ein Lied an und tanze eine Runde durchs Büro. Sieht ja keiner 😄
TERASSE
Jetzt im Sommer sitze ich gerne auf der Terasse, lausche den Vögeln und schreibe, wie gerade jetzt an meinem Blog. Das ist nicht immer Pause, aber wenn ich im Flow bin schon.
Besondere Momente sind die, wo ich auf den warmen Stufen der Terasse sitze und der Sonne zuschaue wie sie untergeht und das Licht sich verändert.

HUND
Meine Fellnase erinnert mich immer wieder daran Pause zu machen. Wenn ich sie so auf der Couch oder in ihrem Haus schlafen oder dösen sehe, dann kann ich nicht anders als einfach nur zuschauen. Wenn sie es merkt, dann ist eine Streicheleinheit mit einer Portion Oxytocin für uns beide Pflicht.

ESPRESSO
Gerade an den Wochenenden genieße ich es in aller Ruhe einen Espresso zu machen und zu trinken. Jeder Handgriff, jedes Geräuch, jeder Geruch schon hundertmal wahrgenommen und doch immer wieder neu. Ich liebe dieses Ritual. Und dann …..Genuß.

LESEN UND MALEN
Besondere Pausen sind für mich auch, wenn ich in einem Buch versinke und nichts anders in meinem Kopf Platz hat, außer die beim Lesen entstehenden Bilder. Zeit spielt dann keine Rolle.
Auch beim Malen, wie ich gerade wieder entdeckt habe, kann ich loslassen.

Und manchmal sitze ich einfach nur da und treibe mit allen Sinnen so vor mich hin. Ohne Ziel ohne Zweck.
Das sind alles kleinen Pausen – im Alltag.
URLAUB
Und dann gibt es die große Pause auf die ich mich das ganze Jahr freue. Urlaub!
Seit ein paar Jahren immer an den gleichen Ort – an der Ostsee. Sobald wir das Wasser sehen,verlangsamt sich die Zeit. Ich atme tiefer. Das Licht ist besonders. Ich kann mich daraan nicht sattsehen.

Ich muss kein Programm abhaken.
Stundenlang aufs Wasser schauen. Jede Welle anders. Wasser in changierenden Farben von braun, grün, blau.
Laufen – am Strand.
Stromern durch den Ort.
Wissen wo es leckeren Kaffee, Kuchen und Waffeln gibt.
Im Cafe angsprochen werden: „Wir haben uns schon letztes Jahr genau hier getroffen“ Ein Lächeln und ein nettes Gespräch.
In der kalten Ostsee baden, kostet immer Überwindung, aber wenn ich drin bin – einfach herrlich!

Sandornsaft zum Frühstück und Sandornlikör zum Abend. Und zwischendurch eine Sandornpraline. Ich liebe diesen bitteren Geschmack.
Den Sonnenaufgang schaffe ich meistens nicht – obwohl ich es mir jedes Jahr vornehme.
Trotzdem morgens in aller Frühe mit der Fellnase an den Strand und die nackten Füße in den noch kalten Sand wühlen.
Zurück im Zimmer einen Espresso machen und auf dem Balkon genießen. Blick wandert über die Landschaft. In mir Ruhe.
Jeden Abend den Sonnenuntergang zuschauen – nie Langweilig.
Selbst bei Regen und Storm (nie ein ganzer Tag) faziniert mich diese Landschaft.
Eine Woche fühlt sich wie eine Ewigkeit an.
Ohje, mir fällt noch so viel ein….
Aber die Tasche ist gepackt und es geht wieder los an die Ostsee. Also komme ich zum Schluß.
Ich weiß es fehlen noch ganz viele Pausen.
Lassen Sie uns weiter sammeln. Wie machen Sie Pause?